die liebe musikindustrie


heute einen erstaunlichen profilartikel über die "stark gefährdete musikindustrie dieser armen kapitalistischen welt" gelesen. pfui. es ist in der tat unglaublich mit welcher arroganz sog. executives in den grossen plattenfirmen dieser welt immer noch der ansicht sind, sie wären die opfer.

wahr ist viel mehr, sie sind die täter. warum? mehrere gründe.

  1. wer produkte teuer verkauft, muss auch leistung bieten
  2. wer einen globalen markt will, muss auch mit einem globalen markt fertig werden
  3. ausbeutung führt zwangsläufig zur rebellion

gegen das 1. prinzip haben plattenfirmen und musikkonzerne in den letzten jahren pausenlos verstossen. einerseits bei der preisgestaltung der cd's die mittlerweile regelmässig 16 bis 18 € kosten. nach einer alten milchmädchenrechnung bleibt dem künstler davon ca. 1 €. der tonträger und die produktion desselben verschlingt in etwa noch einmal soviel, bleiben also 14 bis 16 € für vertrieb, marketing, aufnahmen und aufgeblasene gehälter von spitzenmanagern. eine ganze menge. wenn man rechnet, dass eine durchschnittliche cd produktion in etwa 1 million € kostet (geschätzt, nicht jeder braucht wie michael jackson 30 millionen um ein katastrophal schlechtes album zu produzieren. die meisten musiker müssen mit deutlich weniger budget auskommen und liefern deutlich bessere ergebnisse), bleibt bei halbwegs guten verkaufszahlen, das 10 fache (!) der investition übrig. nette marge.

noch eklatanter ist allerdings die situation bei konzerten. mittlerweile sind konzertkarten kaum unter 40 € zu bekommen. sogenannte weltstars verscherbeln ihre karten meist noch wesentlich teurer (madonna zementiert in dieser hinsicht ihren ruf als "queen of pop", mit preisen um die 100 €). das meiste davon geht an die agenten (sprich die plattenfirmen und deren künstler), konzertveranstalter haben es immer schwieriger zu überleben. (siehe promotersgroup) da ist es kein wunder, dass auch die künstler immer unwilliger werden, so war zB rod stewart für ein konzert in wiesen nur bis 23 uhr bezahlt und verlies daraufhin punkt 23 uhr ohne zugabe die bühne.

soviel zum preis. und die leistung? wer heute cd's kauft bekommt immer öfter halbherzig produzierte werke, geldgieriger künstler (megaseller!). in den anfängen der cd kamen die meisten scheiben mit 18 oder mehr songs daher, heute findet man mit glück noch 12 oder 14 tracks darauf. grottenschlechte multimediazuckerln (die keinen menschen interessieren) sollen zum kauf bewegen. wer einheitsprogramm verabscheut, wird abseits des mainstreams nicht viel finden. wenn man nämlich behauptet musik sei globalisiert, dann gilt das nur bedingt. pop, popstars und musikfernsehen sind globalisiert.

erste beobachtung: preis ¬= leistung (vielleicht sogar preis > leistung)

der globale markt (stichwort: globalisierung) ist sicherlich ein phänomen mit eigendynamik. die musikindustrie gehörte aber bis vor kurzem zu den grössten winner dieser entwicklung.

die kulturen (und geschmäcker) nähern sich immer mehr an (manche behaupten die welt werde "amerikanisiert") und begünstigen somit auch den globalen vertrieb und verkauf von musik. vorbei die zeit, der regionalen grössen, der nationalen stars. unsere medien werden längst von internationalen stars bevölkert. wer heute eine boulevardzeitschrift oder ein tabloid aufschlägt wird kaum promis aus dem eigenen land finden, mit glück solche vom eigenen kontinent. plattenfirmen leben davon. 90 millionen verkaufte platten weltweit, nach unserer milchmädchenrechnung von vorhin mehr als das zehnfach an einnahmen alleine aus plattenverkäufen, merchandising und werbeverträge nicht eingerechnet. reiche, arme mariah.

sehr gelegen kommt der musikindustrie auch der trend zu globalen cross-border mergern. ultra-concentrated media, ein begriff der auf keine andere branche so zutrifft wie auf die musikindustrie. abscheulich.

sie wollten den globalen markt. können sie auch damit umgehen? nein.

mp3, die entwicklung der tauschbörsen, sinkende verkaufszahlen, protestbewegungen, etc. das alles traf die musikbranche vollkommen unvorbereitet. obwohl copyright probleme aus der softwareindustrie längst bekannt waren, obwohl komprimierungstechnologien jahrelang bekannt waren und deren entwicklung absehbar, obwohl künstler immer wieder vor geldgier und profitsucht gewarnt haben. klassisch verschlafen.

anstatt sinnvolle konzepte (rechtzeitig) zu präsentieren um den file-download zu ihren gunsten zu nutzen, versuchen die betroffenen konzerne bis heute mit wenig ausgeklügelten internetportalen zu völlig überhöhten preisen auf den zug aufzuspringen. erfolglos. lapidare rechtfertigung: "wer kauft musik, wenn er sie auch gratis haben kann". da ist es wieder. das gespenst der tauschbörsen, der grimreaper in gestalt eines bösen computerjunkies, ein user ohne law-and-order.

bleibt nur noch die exit-strategie: wenn das gesetz nicht hinter uns steht, dann machen wir uns unsere eigenen gesetze. gesagt getan. anstatt interessante konzepte zu präsentieren wird der kuchen lieber mit allen mitteln verteidigt, wird dienst nach vorschrift gemacht.

zweite beobachtung: they think global, but act stupid.

bis jetzt war immer nur von künstlern und plattenfirmen die rede, wo bleibt jedoch der konsument? genau dort wo er hingehört. vor dem cd player. doch auch das ändert sich. die technologische entwicklung zeigt plötzlich den wahren wert der musik, und der ist bedeutend geringer als ursprünglich angenommen.

konsumenten sind erfahrungsgemäss entschieden benachteiligt wenn es um die artikulation ihrer ansichten geht, doch hier helfen zahlreiche musiker und wenden sich gegen ihre "brötchengeber". sting, prince, alanis morrisette, george michael, beck, uvm. (neuerdings auch michael jackson, aber aus eher narzistischen gründen) sehen ihre vorstellungen verkauft, viele andere stimmen ein. (einzig metallica waren von anfang an vollstrecker der recordlabels)

letztendlich ist die entwicklung der tauschbörsen auch eine art von aufschrei der konsumenten, ein vollkommen missverstandener aufschrei allerdings. bei tauschbörsen geht es nicht primär darum musik gratis zu beziehen (sonst hätten wesentlich mehr menschen riesig grosse mp3 archive), sondern vielmehr darum lieder haben zu wollen ohne ein ganzes album kaufen zu müssen. es geht darum neues kennenzulernen ohne sein geld beim fenster hinauswerfen zu müssen. es geht auch ein bisschen darum etwas verbotenes zu tun. wer aber musik liebt und früher alben gekauft hat, der kauft nach wie vor cd's. weil eigentum etwas ganz besonderes ist. und weil tauschbörsen immer noch ungleich komplizierter sind und nicht das gleiche ergebnis bringen.

die künstler die weiterhin gute musik produzieren, sich mühe geben und es aus tiefster überzeugung machen, verkaufen platten wie immer. nur leicht substituierbare einheitsware bekommt die panik. zurecht.

dritte beobachtung: rebellion ist gut.

zum abschluss der geschichte noch eines:

die musikindustrie verhält sich ein bisschen wie ein kind in der sandkiste. schaufel weg - brüllen bis mami kommt und hilft. doch es kommt keine mami. joni mitchell (eine künstlerin die es unter heutigen vorraussetzungen unter umständen niemals geschafft hätte) bringt es immer wieder auf den punkt:

don't it always seem to go, that you don't know what you've got 'til it's gone
big yellow taxi.

nothing more to say.

blacksocks.com bietet sockenabonnements für "sockscriber". guter businessplan, leider schlechte umsetzung (nicht wirklich ansprechend) und ausserdem: warum braucht jedes e-business unternehmen verdammtnochmal eine legende?. [via sra]

michi hat besseres verdient als, das. meiner ansicht nach.

rudiments of wisdom erklärt die welt. heute: perpetual motion.

a propos joni mitchell: aimee mann bringt ihr neues album lost in space. ihr letztes album bachelor #2 ist eines meiner lieblingsalben und sie wird nicht umsonst mit joni mitchell verglichen. ich freu mich. [via sas]

aus der rubrik "seltsame referrer": ex freundin nackt. naja ob der/die suchende da bei mir fündig geworden ist? ich hoffe nur für ihn er hat nicht seine ex freundin gesucht. google ist zwar gut, aber da müssen wir wohl noch aufs semantic web warten, bis das funktioniert.


 
  
 
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